Georg Steidinger: Maler, Konzeptkünstler, Grenzgänger zwischen Typografie, Popkultur und Bildender
Kunst
Georg Steidinger wurde 1963 in Stuttgart geboren und wuchs im
baden-württembergischen Metzingen auf – einem Umfeld, das ihn früh mit den
Spannungsfeldern zwischen Tradition, Rebellion und kultureller Neugier
konfrontierte. Seine frühen Jahre waren weniger von musealer
Kunstbetrachtung als vielmehr von der rohen, anarchischen Energie des Punkrock
und der alternativen Musikszene bestimmt. In den 1980er-Jahren wirkte Steidinger
zunächst als Musiker und Produzent in diversen Bands und Projekten – ein
Erfahrungsfeld, das sein späteres künstlerisches Werk maßgeblich beeinflussen
sollte.
Die folgenden beruflichen Stationen führten ihn in die sich damals radikal
wandelnde Welt der Medien: als Radiopionier bei den ersten privaten Sendern,
später in Marketingabteilungen großer Unternehmen, darunter Internetanbieter und
Werbeagenturen. Dieses Zusammenspiel aus medialer Präsenz und inhaltlicher
Selbstverortung schärfte seinen Blick für Narrative, Sprache und Wirkung
– Elemente, die seine künstlerische Handschrift bis heute prägen.
Erst später, autodidaktisch und zugleich im Dialog mit etablierten
Positionen, vollzog sich seine Hinwendung zur bildenden Kunst: über Studien und
künstlerische Arbeiten bei Jess Walter, Sabine Berr, Beate Bitterwolf, Endy
Hupperich und Prof. Nicolaus Hipp, insbesondere an der Kunstakademie Bad
Reichenhall. Heute lebt und arbeitet Steidinger in München und
Kitzbühel und ist als aktives Mitglied des Künstlerkreises Münchner Süden auch
jenseits des eigenen Ateliers in die künstlerische Szene eingebunden.
Typografie trifft Textur: Die vielschichtige Arbeitsweise eines
Materialpoeten
Steidingers künstlerische Praxis oszilliert zwischen malerischer
Geste und typografischer Intervention, zwischen analogem Zufall und
digitaler Vorstrukturierung. In seinem Konzept #4letterart, das längst über ein
formales Spiel mit Vier-Buchstaben-Wörtern hinausgeht, manifestiert sich sein
zentrales künstlerisches Anliegen: die Verschränkung von Sprache, Bild und
Bedeutung zu einem poetisch-visuellen Vexierspiel.
Seine Werke entstehen schichtweise – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne.
Acryl, Pigmente, Sand, Collagematerialien, LP-Cover, Plakate, Transferdrucke und
Siebdrucktechnik werden in langwierigen Prozessen kombiniert,
überarbeitet, verworfen und neu erschaffen. Zwischen den einzelnen
Arbeitsschritten lässt Steidinger seine Leinwände oft über Wochen oder Monate
ruhen. In dieser Phase reflektiert er das bereits Geschaffene, nimmt
Veränderungen vor und arbeitet weiter, sobald eine neue Idee ihn inspiriert.
Dieser offene, mehrstufige Arbeitsprozess erlaubt es ihm, spontane Impulse,
musikalische Inspirationen und emotionale Energie unmittelbar in seine Werke
einfließen zu lassen.
Charakteristisch für diese Arbeitsweise ist, dass viele Werke bewusst einen
Zustand der Unvollständigkeit bewahren. Diese Uneindeutigkeit ist jedoch nicht
Ausdruck eines Mangels, sondern ein ästhetisches Prinzip: „Ich liebe das
Unperfekte“, sagt Steidinger – und macht damit deutlich, dass in der bewussten
Fragmentierung und dem Nicht-Abgeschlossenen ein zentraler Teil seines
künstlerischen Ausdrucks liegt.
Besonders wichtig ist ihm die Zusammenarbeit mit einer Siebdruckwerkstatt, in
der handwerkliche Präzision und kreative Freiheit
aufeinandertreffen. Dieser Kontrast prägt viele seiner Werke und macht die
Vielschichtigkeit seiner Ideen sichtbar.
In seinen Installationen und Videoarbeiten integriert Steidinger Klang,
Songtexte und politische Zitate als bedeutende Ausdrucksmittel.
Besonders Songlyrics spielen dabei eine zentrale Rolle – sie bilden häufig den
Ausgangspunkt seiner visuellen Kompositionen.
Ambivalenz als ästhetisches Prinzip: Inspirationen und thematische
Tiefenschichten
Georg Steidingers Werke sind tief durchdrungen von persönlichen Erfahrungen
und kollektiven Prägungen – von der Punk-Ästhetik der 80er, über die visuelle
Sprache von Popkultur und Mode, bis hin zu soziopolitischen Beobachtungen
unserer Gegenwart. Kunst ist für ihn kein geschlossener Ausdruck,
sondern ein offenes Feld, das Widersprüche nicht glättet, sondern produktiv
macht.
Die Serie Vinyl Collection etwa interpretiert ikonische Indie-Songs neu und
bringt musikalische Biografie in visuelle Sprache. Analogue
Pleasures zelebriert die Ästhetik vergangener Musikepochen – als Hommage, aber
auch als kritische Reflexion einer zunehmend entmaterialisierten Kultur. Immer
wieder fließen politische Kommentare ein, subtil oder direkt, etwa in HOME SWEET
HOME, einer Installation, die mit Stacheldraht umhüllte Gastlichkeit inszeniert
und Fragen nach Identität, Schutz und Ausgrenzung stellt.
Inspiration schöpft Steidinger aus der Reibung – sei es zwischen Bild und
Text, zwischen digital und analog, zwischen Poesie und politischer
Dringlichkeit. Seine Werke fordern das Publikum heraus, die
eigene Haltung zu überdenken, und laden zur Vieldeutigkeit ein: Die Ambiguität
wird zum Prinzip der Erkenntnis.
Steidingers Kunst als offener Denkraum
Georg Steidingers Arbeiten bewegen sich souverän außerhalb einer
eindeutigen Kategorisierung. Sie bedienen sich der Sprache des Pop, der
Symbolik der Urban Art und der konzeptuellen Strategien der Textkunst – ohne
sich in einem dieser Felder endgültig zu verorten. Vielmehr tritt er als
Grenzgänger auf, der Kontexte unterläuft, Bedeutungen verschiebt und die Kunst
als offenen Diskursraum versteht.
In Rezensionen wird seine Kunst häufig als „visuelle Provokation“
beschrieben, als ein Spannungsfeld zwischen Ästhetik und inhaltlicher Tiefe.
Besonders hervorgehoben wird der konzeptionelle Reichtum seiner Arbeiten,
die in ihrer schichtweisen Strukturierung nicht nur als Werke, sondern als
Denkprozesse gelesen werden können. So etwa im Berlin Art Magazine, das ihn als
„gesellschaftlichen Spiegel“ bezeichnet, oder im Athena Art Magazine, das die
Verbindung aus Rebellion und Formbewusstsein analysiert.
Die Typografie – oft aufgeladen mit poetischen, philosophischen oder
politischen Fragmenten – erinnert in ihrer Direktheit an die Arbeiten von Jenny
Holzer oder Barbara Kruger, wird bei Steidinger jedoch in ein offenes,
emotionales Register überführt. Seine Kunst lebt nicht von didaktischer Schärfe,
sondern von der Einladung zum Mitdenken, Mitfühlen, Mitirren.
Die Etablierung eines Rebellen
Georg Steidingers Werke sind auf zahlreichen nationalen und internationalen
Plattformen präsent: unter anderem bei der der INCcorporating Art Fair in
Hamburg, dem Munich Arthouse oder in der HAZE Gallery in Berlin. 2024 und 2025
zeigen Ausstellungen u. a. in der ARTOUI Concept Gallery, im
Kunstverein Rosenheim oder im FAB München sein aktuelles Schaffen.
Internationale Sichtbarkeit findet er zunehmend durch
Beteiligungen an Kunstmessen, thematische Gruppenausstellungen und
projektbezogene Installationen.
Ein bedeutender Meilenstein war die Aufnahme seiner Kunst in die
öffentliche Sammlung der Städtischen Galerie Rosenheim – ein Zeichen
wachsender institutioneller Anerkennung. Darüber hinaus kooperierte er mit
Unternehmen wie O2, NetDoktor und Verizon Media und entwickelte innovative
Formate an der Schnittstelle von Kunst, Musik und Markenkommunikation.
Nicht zuletzt ist Steidinger auch als Initiator aktiv: In Talks,
Ausstellungsbegleitungen und kuratierten Formaten bringt er Menschen aus
Wirtschaft, Kunst und Gesellschaft in produktiven Dialog. Die Zukunft
seiner künstlerischen Praxis liegt im Weiterdenken dieser offenen Formate – in
der Überschreitung von Mediengrenzen, in der intensiven Auseinandersetzung mit
gesellschaftlichen Spannungsfeldern und im konsequenten Beharren auf Ambiguität
als Möglichkeit der Erkenntnis.
Ausstellungen (Auszug)
2025
· FAB Pullach/München
· Offenes Atelier 28./29.06.25, München
· Das Atelier, Holzkirchen bei München
· Kunstmeile, Wolfratshausen
2024
· Statement Art, ARTOUI Concept Gallery, München
· TrendSet FineArts, Messe München
· Bürgerhaus Garching bei München
· Kunstverein Rosenheim
2023
· MUNICH ARTHOUSE 2023, München
· HAZE Gallery, „Andy Warhol In Me“, Berlin
2022
· Artbox Projects, URBANSIDE Gallery, Zürich
· H2 (POPUP), München
· Offene Ateliers im Münchner Süden
2021
· INCcorporating Art Fair, Hamburg
· Bürgerhaus Pullach/München
2020
· Remade Interior, München
· KGB kunstgaleriebar, München
2019
· ARTMUC, München
· MUNICH ARTHOUSE, München
· Verizon Media, München
Unternehmenskooperationen
· O2, München
· Netdoktor, München
· Verizon Media, München
· Experteer, München
Öffentliche Sammlungen und Ankäufe
· Städtische Galerie Rosenheim
Werdegang
· Geboren 1963 in Stuttgart
· Aufgewachsen in Metzingen in Baden-Württemberg
· 1981 – 1990 Musiker und Produzent in diversen Bands und Projekten
· 1989 – 1996 freier Mitarbeiter bei privaten Radiosendern
· Berufliche Stationen: TV-Sender, Werbeagentur, Online Dienste
· Studium Wirtschaftswissenschaften
· Malerei-Studien und -Arbeiten bei:
- Jess Walter und Sabine Berr (Atelier Projekt, München)
- Beate Bitterwolf, Endy Hupperich, Prof. Nicolaus Hipp (Kunstakademie Bad
Reichenhall)
· Lebt und arbeitet seit 1992 in München
· Seit Jury-Mitglied im Künstlerkreis Münchner Süden